01. 10. 2010 Nach der nächsten Biegung erreichen uns 9 Uhr 20 auch die wärmenden Strahlen der Morgensonne. Der Himmel azurblau und wie gesagt an allen Treck-Tagen fast wolkenlos. Ab und zu überqueren wir Erdrutsche, der Fluss ist schmal und kurvig, viele Steine liegen in seinem Bett. 10 Uhr gelangen wir wieder über eine Brücke ans rechte Ufer zu einer schmalen Schlucht, die wir rechts oberhalb überqueren. In Ghyamgar (3756 m) weitere kleine Teezelte. Wir erreichen in 3800 m Höhe über einer weißgelben Mondlandschaft von Steinsandformationen den kleinen Kesila Pass. Oben eine Chörten, wo wir ein Päuschen einlegen und die Umgebung genießen. Die Ansicht auf die Landschaft ist fantastisch, oben der Azurhimmel, in dem die blasse Sichel des abnehmenden Halbmondes komisch mit der Rundung nach oben hängt. An den Hängen wachsen immer noch Bäume, hier meist zierliche bis 3 m hohe Birken, die alle schon buntes Laub haben. Am Himmel fliegen kleine schwarze Dohlen.

Es geht auf der anderen Seite wieder steil nach unten, der Fluss schäumt 100 m wie wild unter uns und verschwindet hier in ein enges felsiges Tal, welches der Pass umgeht. Auf der rechten Flussseite an einer weiteren Brücke ein Wasserfall. Wir erreichen das linke Seitental Sisaul Khola mit einer hölzernen Mini-Brücke und einem talaufwärts führenden Weg, der weit durch die Flusstäler und über die Berge des Rajenta Danda (5985 m) nach Shyanta und zurück nach Dunai führt. Davor hat unser Küchenteam die Kocher angeworfen. Wir lassen uns auf unserer Plastplane mit Tischdecke in der Mitte nieder, ziehen die Schuhe oder Sandalen aus, genießen die heiße Limonade und erwarten entspannt, was es denn heute zum Mittag gibt. Auch ein Schläfchen ist möglich. Bis Dho Tarap haben wir noch 2/3 der Strecke vor uns. Wir sehen hier die ersten Yak-Rind-Mischlinge, die Dzopkyos, kurz darauf die echten Yaks, gewaltige zottelige Tiere. Zwei Hirten aus Dho bringen die Tiere nach hier unten, um für den Winter Futtergras zu schneiden. Wir begegnen einer Maultierkarawane, die Reis von Tibet nach Dunai bringt. Der Wechselkurs des Yuan zur Rupie ist zur Zeit 1:10. Die Tiere können bis zu 80 kg tragen, je nach Beförderungsgut bekommt der Mule-Man 60-80 Rupees pro kg transportiertes Gepäck.

Weiter oben wird die Landschaft flacher, der Weg ist angenehm zu gehen, niedrige Wacholderbüsche bewachsen die Hänge. Ich erfahre, unser Muletreiber Dal Bahadur Karki oder einfach Karki Takuri hat 3 Jahre in Malaysia gearbeitet und sich für den Verdienst Maultiere gekauft, eins der großen starken Tiere kostet ca. 95.000 Rupees, ein Yak 100.000 Rupees, also ein Lak, wie man hier sagt. Auch ein Koch unserer Agentur arbeitet jetzt für 3 Jahre in Malaysia, ebenso wie mein junger Freund Pasang Tamang, der in Japan ist und später seine Frau und Kinder nachholen wird. Schade, dass viele Nepalesen ihr Glück in fremden Ländern suchen müssen, im eigenen Land ist es sehr schwer, sich am Leben zu halten.

Es ist 16 Uhr, in der Ferne sehen wir vor einem markanten Berg die erdfarbenen tibetischen Mauern von Dho Tarap (3944 m) vor uns auftauchen. Niemand glaubte, in dieser kurzen Zeit die auf der Karte endlos erscheinende lange Strecke zu schaffen. Aber der Weg hierher ist sehr eben und leicht zu gehen. Er ist durch die Trockenheit mit dickem feinsten Staub bedeckt, ich habe weiß gepuderte Füße in den Sandalen. Alles erinnert mich ganz an Tibet, die typische freie weite Landschaft mit den bunten Bergen, die kargen Felder, die klassischen tibetischen Häuser, die Chörten und Mani-Mauern, die Yaks und Ziegenherden, der Geruch nach verbranntem Wacholder-Weihrauch und Yakdung-Herdfeuern und natürlich die freundlichen tibetischen Einwohner. Wir schlagen am seichten Flussufer unser Lager auf, diesmal für 2 Tage, morgen gibt es den ersten Ruhe- und Akklimatisationstag. Ich krieche abends mit dem Baumwoll-Inlet in den leichten und damit in meinen Winterschlafsack. Die Temperaturen erlauben mir, nur mit Unterhose und T-Shirt bekleidet zu schlafen.

+ 1060 / - 480 m in 9 Std. (2,5 Std.Pause)
 



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