04. 10. 2010 Die Kücheneinrichtung kommt in die Baskets der Küchenhelfer, schwere Sachen auf die Muli-Rücken. Karki Takuri hat früh schwer zu tun, allen das Tragegeschirr aufzulegen und festzuschnallen, was nämlich einigen der Tiere absolut nicht gefällt und sie dann auch ausschlagen, er muss vorsichtig sein. Auch unsere beiden Träger Kami und Utra packen ihr oder besser unser Zeug zusammen und sich auf den Rücken. Vor dem Gehen löschen sie gründlich das Feuer, an dem sie abends das Essen gekocht, das Wasser erhitzt und früh sich gewärmt haben. Vor uns liegt ein Aufstieg von 600 Metern über unseren ersten Pass, „gehn mer langsam“. Es ist wieder heiß, nur der Wind ist eisig, man muss höllisch aufpassen, sich nicht zu erkälten.

In Serpentinen geht es eine steile Schuttmoräne hoch, dann auf feuchter brauner Erde, wo vor kurzem noch Schnee lag. Wir merken die Höhe bei jedem Schritt. Wir sehen kurz vor dem Pass links den Dhaulagiri I und II, den Sita Chuchura, den Hongde Peak und den Tukuche Peak. In 4900 m kommen wir auf eine Hochalm, ein High Camp, zum übernachten geeignet. Weiter oben pfeift uns der orkanartige eisige Wind um die Ohren, von der Sonne merken wir nichts, Schritt für Schritt quälen wir uns hoch. Einatmen, ausatmen. Es gibt nur noch Steine, gefrorenes Geröll und mickriges braunes Moos, dass aber von unseren Maultieren gern gefressen wird. Die spärlich rinnenden Bäche sind halbgefroren. In der Ferne blinkt ein kleiner Bergsee. Endlich sehen wir die Gebetsfahnen des Passes. 10 Uhr 30 stehen wir oben auf dem 5221 m hohen Pass Jyanta Bhanjyang, wir haben es geschafft, gratulieren und drücken uns gegenseitig. Wir legen einen Stein auf die Gipfelpyramide und befestigen die mitgebrachte Gebetsfahnenkette daran und an einer weiteren Holzstange. Hoffen, dass deren vom Wind fortgetragenen Gebete uns auch weiterhin alles Gute bringen werden. Im Windschatten geht es auf der anderen Seite steil hinunter. Zum Glück liegt kein Schnee, das hätte schwierig werden können. Unter uns liegt ein herrliches braunes Tal, man sieht den winzigen Weg weit, weit unten, glaubt in Tibet zu sein, was ja auch gleich hinter den nächsten Bergen liegt. Phadindra sagt, dass das nepalesische Königreich Mustang genauso aussieht wie diese Gegend hier, nur ist es etwas flacher mit mehr Dörfern. Weiter unten dann Bewuchs mit Wacholderbüschen und einigen innen zartgrün sprießenden und außen schwarzgefrorenen Brennesselstauden. Das nördliche Tal liegt eindeutig wärmer als die Südseite.

Kurz unterhalb des Passes ein weiteres kleines High Camp. 500 m steigen wir ab zu dem am rechten Ufer gelegenen weiträumigen Weideplatz Chang La Phedi mit den langen Steinmauern, gesammeltem Brennholz und riesigen Mengen an Yakdung, das auch entsprechend duftet. Wir machen eine Pause am schwarz aussehenden Flüsschen. Normal wäre hier unser Camp, wir beschließen aber, noch ein Stück weiter zu einer besseren und geruchlosen Stelle zu gehen. Bald danach kommt von rechts ein Fluss aus einem wunderschönen Tal, Phadindra, unser Guide überlegt kurz, er war nur einmal hier gewesen und das war vor ca. 11 Jahren. Kurzer Blick auf die Karte, dann weist er die richtige Richtung nach Norden flussabwärts über eine Brücke ans linke Ufer ins malerisch gelegene Dachun Khola. In diesem Tal wachsen mannshohe grüne, gelbe und rote stachelige Büsche, es ist schwer, einen Weg hindurch zu finden, meist mogeln wir uns seitlich an den steilen Felshängen entlang. Die meisten Handlungsreisenden nach Saldang laufen über den Phoksundo See, nicht diesen, unseren schwierigeren Weg.

Unterhalb einiger Nomadenzelte, in den Ziegen- und Yakhirten ihren Sommer verbringen und ihre Herden in der Nähe auf die steilen abgelegenen hohen Weiden führen, schlagen wir am rechten Flussufer unser heutiges Lager auf. Laut den Yakhirten heißt der Ort Samdo (4620 m). Die Küche zelebriert uns heißen Tee und eine heiße Maggi-Nudelsuppe, da es heute unterwegs nur packed lunch, also gepacktes Mittagessen gab. Mit Phadindra steige ich hoch zu den Zelten der Nomaden. Wir werden von einigen älteren verrunzelten Frauen in ihr Zelt eingeladen. Später kommt noch ein alter Mann dazu. Alle tragen verdreckte dicke schwarze Kleidung. Gewaschen haben sie sich wahrscheinlich diesen Sommer und Herbst noch nicht. Unterhalten uns mit ihnen, wo sie herkommen und wo wir zu Hause sind. Sie kommen aus der Umgebung von Saldang, wo sie auch den Winter verbringen, Ende Oktober brechen sie hier ihre Zelte ab und kehren mit ihren Herden und deren Produkten nach Saldang in ihr festes Haus heim. Sie backen auf einem winzigen Eisenöfchen Fladenbrote aus Gerstenmehl, die wir mit echter Yakbutter probieren dürfen, dazu Buttertee. Es ist rauchig im Zelt, oben dient eine kleine ovale Öffnung dem Rauchabzug. Fast alle haben Probleme mit den Augen oder den Zähnen. Sie fragen nach Medizin, später bekommen sie von uns Augensalbe im Camp. Davon kann man in Dolpo für die Tibeter nie genug dabei haben. Ich verteile ihnen kleine Geschenke von Kerstin und Uwe wie Stifte und Haargummis, mit denen sofort die grauen fettigen Haare zusammengebunden werden. Phadindra überreicht ihnen zum Schluss noch 100 Rupees. Zurück unten im Lager. Unser Muleman hat starke Kopfschmerzen, ich gebe ihm 2 Aspirin, wir legen ihn auf eine Isomatte ins Speisezelt, decken ihn mit 2 Schlafsäcken zu, bald danach geht es ihm wieder viel besser.

+ 650 / - 740 m in 6:15 Std. (2 Std. Pause)
 



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