10. 10. 2010 So haben wir heute über 8, morgen aber nur leichte 3 Std. zu gehen. Nach einer Stunde gehen kommt von links ein breites Tal zu uns herab, wir gehen aber gerade aus zum einzeln stehenden riesigen steilen Bergmassiv. Nach 1 Std. 20 Minuten erreichen wir auf 4700 m den Zugang zur Kora um den Crystal Mountain, viele Steinmännchen, Gebetsfahnen und kleine Stupas weisen den Weg nach oben, es sieht äußerst steil aus, der Pfad führt zwischen schroffen Felswänden empor. Wir laufen auf der rechten Schuttmoräne oberhalb des Flusses entlang, passieren das auch von Shey aus gut zu sehende einzelstehende große Bergmassiv. Nach der Moräne wieder auf der rechten Flussseite hoch. Die Berge treten etwas zurück und wir gehen mit einem Tempo von 4-6 Meter pro Minute hoch. Im Schatten der Berghänge ist es sehr kalt, wo uns die Sonne erreicht, aber recht heiß. Man muss aufpassen, sich nicht zu erkälten, was bei mir nicht greift, da ich es schon bin. 12 Uhr 15 erreichen wir auf 4950 m Höhe nach einer zehnminütigen Pause einen Steilaufstieg, einige Träger gehen auf der rechten Seite des Wasserfalls hinauf. Der richtige Weg aber führt zum Bachbett unter dem Fall und weiter auf dessen linker Seite zu dem schneeüberpuderten Felsmassiv hoch. Dahinter vermute ich einen kleinen Bergsee. Phadindra meint oben, dass der Passweg rechts hoch geht nach Nordwesten. Wir schauen gemeinsam auf die Karte und mit Hilfe des Kompasses erkläre ich ihm, dass der richtige Pass sich links im rechten Winkel zum bisherigen Aufstieg befinden muss, genau in südlicher Richtung. Wir begegnen tschechischen Trekkern, die gerade ihr Nachtlager zusammenpacken und die alles Gepäck und Essen selbst auf dem Rücken tragen. Wir unterhalten uns kurz mit ihnen, sie sind diesen Weg über den Kangla Pass schon herzu vom Phoksundo See gegangen, weisen uns auch in die südliche Richtung.


Auf 5000 m Höhe auf einem Hochplateau kurz vor dem letzten Steilaufstieg zum Pass begegnen wir einem österreichischen Paar, das ebenso mit Adventure Geo Treks von Juphal über den Phoksundo See nach Shey Gompa und zum Hidden Valley und nach Jomsom unterwegs ist. Wir begrüßen Sonam, den Träger, sowie die anderen Begleiter, ein herzliches Wiedersehen gibt es mit dem sympathischen 22-jährigen Yogesh Rai, der jetzt Trekkingführer und ein richtiger Mann geworden ist. Gemeinsam waren Uwe und ich 2008 am Dhaulagiri und anschließend im Kali Gandaki Tal mit Yogesh unterwegs. Wir erfahren, dass zwei angeworbene Träger aus Juphal nach einem Tag wieder das Weite gesucht haben. Deshalb werden von unserer Agentur ja die Träger aus Kathmandu hierher beordert. Diese müssen nun das Gepäck unter sich aufteilen, Mulis haben sie nicht dabei. Vor uns türmt sich der letzte Steilaufstieg, in Kehren geht es einen schwarzen Hang aus sandigem Schiefergeröll hinauf. Es kostet mich noch einmal große Anstrengung, die letzten Meter in dieser Höhe aufzusteigen, oft muss ich stehenbleiben, durchatmen und Luft schnappen. Bibash kommt uns entgegen, will uns auf den letzten Höhenmetern unsere Tagesrucksäcke abnehmen, Kerstin, Anke und Robert weigern sich standhaft, ich gebe nach und er trägt mir meinen Rucksack nach oben. Dann eilt er wieder hinab zu Uwe, der sich aber standhaft weigert, den Rucksack herzugeben, man merkt, was echte harte Bergsteiger sind. Schließlich quäle ich mich die letzten Meter zum Pass hoch.


Der mit Gebetsfahnen geschmückte Sehula Bhanjyang oder Nangdalo oder Kangla Pass ist 5360 m hoch und liegt auf der Chhurang Lek Bergkette. Oben ruhen wir uns eine Weile aus, alle sind glücklich. Wir haben eine weite Sicht nach allen Richtungen, sehen viele Schneeberge, können weit bis nach Tibet hineinsehen und unsere Aufstiegsroute betrachten. Jetzt sehen wir auch den türkisblauen Bergsee im Tal hinter uns schimmern. Die Berge hier sind aus schwarzem Schiefer, der in der Sonne glänzt. Einer der fernen sieht aus wie das Matterhorn. Es ist stürmisch am Pass. Lange können wir nicht verweilen. Steil geht es den weichen erdigen Schiefergeröllabhang hinunter, wir können in riesengroßen Schritten den Berg abfahren, legen ein irres Tempo vor. In wenigen Minuten sind wir auf 5050 m angelangt. Vor uns sehen wir den einzelstehenden dick verschneiten und vereisten Kanjelaruwa mit seiner Gletscher-Nase immer noch in Wolken vor der türkisen Sichel des Phoksundo Sees. Seine Nachbarberge und er sind bis zum Fuß eingeschneit, das waren die dicken Wolken des vorletzten Tages, die wir von Shey aus sahen. Es hätte auch unseren Pass mit erwischen können, wir haben wieder einmal Glück. Wir verspeisen mit Genuss unser Lunchpaket. Unter uns entspringt ein kräftiger Bach, auf dessen linker Seite wir ein abschüssiges schmales Gerölltal von hohen braunen Felswänden umgeben nach unten steigen.


In 4690 m Höhe befindet sich eine schöne Campingwiese mit einigen ebenen Flächen für die Zelte. Darüber in einem steilen Geröllhang ein schöner Wasserfall. Gestern hat die Yogesh-Gruppe hier übernachtet. Normalerweise wäre dies ebenfalls unser heutiger Übernachtungsplatz. Wir beschließen aber, in diesem Tuk Kyaksa Khola genannten Tal weiter nach unten abzusteigen, somit das Obere Dolpo endgültig zu verlassen. Allerdings wissen wir vorher noch nicht, wie weit es nach unten sein wird, denn das in der Karte eingemalte Camp Lar Tsa auf 4120 m gibt es nicht oder haben wir übersehen. Wir stellen erneut fest, dass von der Gegenrichtung aus alle drei Pässe schwieriger zu besteigen wären. Das heißt, die Laufrichtung unserer Dolporunde im Gegenuhrzeigerrichtung ist eindeutig die bessere Wahl als anders herum. Nach über 1000 m Abstieg vom Pass beginnen sich in 4250 m Höhe die ersten bis 15 m hohen Birken an den Hängen anzusiedeln. Wir laufen kontinuierlich über teils kipplige großblöckige Steine im mit Felsbrocken aller Größen übersäten Tal abwärts, später in der Mitte des Tales zwischen den einzelnen Bachläufen entlang. Auch schöne Badebecken gibt es. Rechts und links fließen kleine Wasserfälle von den steil aufragenden Felswänden und kleinen Seitentälern herab. Wir kommen an einer Bofe mit Sitz- und Schlafplätzen vorbei, vielleicht ist hier das Camp Lar Tsa von der Karte.


Phadindra erzählt mir ganz nebenbei, was inzwischen in den Trekking-Lodges in Nepal u. a. die Getränke kosten: 2 Liter heißes Wasser kosten 700 Rupees, dasselbe kostet auch schwarzer Tee, ein Bier 350 Rp., Cola 150 Rp. Diese hochgepuschten Preise und viele andere ähnlicher Dinge haben die Touristen der maoistischen Young Communist League (YCL), den roten Horden der Jugendorganisation der Communist Party von Nepal (den Maoisten) zu verdanken. Wenn ein Porter denkt, zu wenig Lohn erhalten zu haben, geht er zu den Maoisten, diese verprügeln dann den Guide. So einfach ist das. Die YCL führt öfter in ganz Nepal ihre berüchtigten Prügelattacken durch, ganz nach dem Vorbild ihres großen roten chinesischen Bruders.

Inzwischen sind wir wieder am rechten Ufer auf einem kleinen Weglein unterwegs. Die Landschaft ist nicht mehr kahl, sondern mit Bäumen und Büschen und verschiedenfarbigen Gräsern zugewachsen. Weiter oben scheint die Sonne, wir aber sind bald am Fuß des Kanjelaruwa angelangt. Der Weg schafft es trotz der manchmal bis in den Fluss hineinragenden senkrechten Felswände immer, sich irgendwo vorbeizumogeln, es gibt auch mehrere Brücken und Steine, die bei der ständigen Flussüberquerung am unteren Ende dieses schönen Tales helfen. Schließlich erreichen wir in 3850 m Höhe das Phoksundo Khola, das Quertal, nach weiteren wenigen hundert Metern liegt links unser wunderschönes Phoksundo Corner Camp (3825 m), die rotleuchtenden Zelte mitten zwischen den Bäumen direkt am weißen feinsandigen Phoksundo Fluss-Badestrand des reißenden Zuflusses zum Phoksundo See. Da die Wassertemperatur sich mit der Außentemperatur um die tiefsten Werte streitet, verzichten wir lieber auf ein Bad. Auf beiden Flussseiten hohe Felsenwände, oben mit Birken und Tannen bestanden. Um unsere Zelte stehen verknerzelte Bäume, meist Birken, es gibt genug Holz, um ein kleines Lagerfeuer in Gang zu halten. Darauf kochen unsere Träger in Schnellkochtöpfen ihr Essen, Dal Bhat, Reis mit Linsen und bringen auch unser Wasser zum Kochen. Ist zwar hier im Nationalpark nicht ganz legal, spart aber das teure Kerosin. Mit unseren Begleitern sitzen wir abends noch um das Feuer zusammen.

+ 1030 / - 1630 m in 8:45 Std. (2 Std. Pause)
 



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