09. 05. 2013   ...Früher konnte man unten am Ufer des Flusses entlangfahren. Die Flusslandschaft sieht aus wie ein riesiger Tagebau mit einem grauen Fluss in der Mitte. Es gibt viele Seitentäler und Seitentäler der Seitentäler, die wir alle weitläufig umfahren. Auf der einspurigen Straße sind häufig Heilige Männer, die Sadhus unterwegs. In den Orten sehen wir oft einen der heiligen Pipal-Bäume stehen, unter dem einst in Lumbini der Ur-Buddha Shakyamuni seine Erleuchtung hatte. Diese Bäume kann man nicht einfach aussäen oder anpflanzen, ihr Samen wird von Vögeln aufgepickt und später auf natürlichem Weg wieder ausgeschieden. Der tierische Verdauungsprozess ist für den Prozess der Keimung und Reifung der Samenkörner notwendig. Der Monsun sorgt dann dafür, dass die Samenkörner aufgehen.

Unsere Mittagspause machen wir auf einem Hügel mit Blick auf den zu einem grünen See gewordenen Bhagirathi Fluss. Wir sitzen unter Blue Pines, Himalaya- oder Tränenkiefern (Pinus allichiana), unsere Köche machen uns ein vorgekochtes Reis-Menu warm. Bei Tehri verlassen wir den Fluss und fahren über einen 1676 m hohen Pass bei Chamba. Von hier führt eine Straße nach Mussoorie, die zweite nach Devprayag zum Zusammenfluss von Bhagirathi und Alaknanda zum Ganges.

Wir aber fahren auf der dritten nach Rishikesh. Es gilt, noch einige Pässe bis 1500 m Höhe und einige Täler bis 800 m Tiefe  zu meistern. Unser Bus fährt oft nur mit 15 km/h, im Durchschnitt ca. 25-30 km/h. Manchmal müssen wir auf den Straßen herumturnenden Affenherden und heiligen Kühen, die mitten auf der Fahrbahn liegen, ausweichen. In den Orten laufen oft schwarzhaarige Schweine herum auf der Suche nach etwas Fressbarem. Auf dem letzten Hügel vor der Rishikesh-Ebene fahren wir an einem vom englischen Gouverneur errichteten Palast vorbei, jetzt Sommerwohnsitz einer Maharadscha-Familie. Im riesigen bewaldeten Grundstück befindet sich ebenso ein neu errichtetes mondänes Spa-Hotel, das “Ananda In the Himalayas“, Doppelzimmer 430-820 Dollar pro Nacht, Villen mit eigenem Butler, Pool und Sauna sicherlich etwas teurer. Danach geht es in Serpentinen hinab auf 335/ 356 m Höhe in die große Stadt Rishikesh (s. u.).

Wir steigen ab im noblen Hotel Neeraj Bhavan, einer guten Adresse und dem einzigen Hotel dieser Kategorie nahe dem Stadtzentrum. Mit Stephan mache ich gleich einen Erkundungsgang zum Ganges und zu den großen Treppen am Triveni Ghat. So viele Sadhus habe ich noch nie auf einem Platz gesehen. An den vielen Obstständen gibt es weiche gelbe Mangos, sie schmecken einfach himmlisch.

Shashank bietet uns an, mit ihm die Stadt und Umgebung zu erkunden. Gern willigen wir ein. Er führt uns über Märkte, durch schmale Gassen und Durchgänge vorbei an alten Gebäuden zu einem Ashram (s. u.) mit einem kleinen historischen Museum mit Steinskulpturen aus dem 14. Jahrhundert.

Kurz vor Sonnenuntergang um 19 Uhr kehren wir zum Triveni Ghat an den Ganges zurück. Stephan und ich zelebrieren die Heilige Waschung, dabei merke ich erstaunt und erfreut, dass der Fluss sehr sauber, das Wasser graublau, klar und ohne Geruch ist.

Zum Sonnenuntergang beginnt die Aarti Zeremonie. Aarti ist ein religiöses Hindu Ritual der Verehrung, ein Teil der Puja, bei dem ein brennender Docht, der von Ghee (gereinigter Butter), Kampfer oder Öl genährt wird, einer oder mehreren Gottheiten geopfert wird. Beim Aarti werden auch Loblieder für die Götter gesungen, wenn Lampen und andere Gaben geopfert werden. Viele Einheimische und Pilger machen heilige Waschungen im Fluss, es werden ihm Opfergaben wie Reis, Essen, Blumen sowie kleine Blätterschiffchen mit Opfergaben und brennenden Dochten übergeben. Ein Zeremonienmeister singt und betet dazu laut über ein Mikrofon mit plärrenden Lautsprechern. Große Öl- oder Butterlampen werden angezündet, die Männer haben gegen die Hitze der hohen Flammen Tücher um die Hand gewickelt, die laufend von einem Helfer nass gemacht werden. Das Terrain ist mit Seilen abgesperrt, Ordner verteilen die anströmenden Menschenmassen. Inzwischen ist es dunkel geworden, die Zeremonie dauert ca. 30 Minuten. Wir lassen uns danach noch von einem orangegewandeten Mönch segnen, bekommen dazu kleine Süßigkeiten von ihm, er erhält eine kleine Spende von uns.

Abschließend ein gemeinsames Abendessen mit Shashank im Hotelrestraurant.


Foto: Shashank Guphta

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