11.10.2008 ...Sie haben jetzt Traglasten einer der Dhaulagiri-Expeditionen auf dem Rücken, transportieren sie in Windeseile an uns vorbei nach Jomoson. Die Sonne brennt erbarmungslos herab, außer den leichten Schmerzen an den verbrannten Gesichtspartien, der innen und außen geschwollenen verkrusteten Nase, beginnt mir jetzt mein rechtes Auge zu tränen, die gefährliche UV-Strahlung hat sich seitlich an den dunklen Gläsern meiner relativ kleinen Sonnenbrille vorbei gemogelt. Die Augensalbe von Uwe bessert das neue Leiden des alten T. aber sofort. Rechts begleitet uns lange Zeit der Tukuche, dessen Ausläufer steil ins Kali Gandaki-Tal abfallen. Ob er schon mal längs überschritten wurde? Im Schnee liegt Esel- und Mulidung, oft werden die Traglasten auch mit diesen Tieren ins Tukuche Base Camp hochgebracht. Da es hier oben keine Yaks zu geben scheint, taufe ich die Esel einfach in Marpha-Yaks um, so haben auch wir unsere Yaks. Nach 2 ½ Std. in fast gleichbleibender Höhe erreichen wir endlich einen Pass auf 4900 m, von dem es nur noch nach unten geht. Auf einer kleinen felsigen Anhöhe müssen wir uns erst einmal hinsetzen, der Anblick ist zu schön: grüne Landschaft mit kleinen Dörfern liegt wie eine Fata Morgana weit unter uns. Links Jomoson mit der gut zu sehenden Landebahn, Marpha liegt hinter einem Berg versteckt, Yak Kharka gnau vor uns mit kleinen Häuschen auf einer großen Wiese. Das Tibetan Research Camp liegt zwischen Marpha und Tukuche, das sich ebenfalls hinter einem Berg versteckt. Der von mir insgeheim erträumte Anblick auf den Manaslu wird nicht erfüllt, es ist „bergtechnisch“ nicht möglich, der Nilgiri zu hoch. Dafür spitzt dieser zwischen den Wolken zu uns herüber, thronend über der grünen Weite.

Auch der Blick Richtung Königreich Mustang und Tibet mit den flachen braunen Bergen ist phantastisch. Mit einigen anderen beginne ich den Berg hinunterzurennen, wir freuen uns wie kleine Kinder, laufen mit den jungen Portern um die Wette die endlosen Serpentinen abwärts, es macht riesigen Spaß, auch wenn es glitschig ist und man schnell mal einen schlammigen Hosenboden bekommt. In 4200 m Höhe sehen wir die ersten gelben Blumen blühen, niedriges Wacholdergesträuch verdrängt den Schnee auf dem Südhang hier vollständig. Wir kommen an Unterkünften für die Hirten vorbei, die im Sommer hier oben ihr Vieh weiden lassen. Es sind andere Touristengruppen nach oben unterwegs, wir sehen Zelte und Träger. Auf grünem Panoramaweg erreichen wir Yak Kharka (3680 m), unseren Lunchplatz in knapp 5 Std. Ich blödel mit Ganesh herum, auf meine Nachfrage erfahre ich, dass zwei der jungen Portermädchen noch zu haben sind, sie sind mit ihren Brüdern hier. Wenn wir Interesse hätten, würde er uns vermitteln. Uwe meint, da müssten sie sich erstmal duschen, ich entgegne, dass wir ja selber wie ausgewachsene Yaks riechen und die Dusche deshalb nicht nötig wäre. Die anderen beiden Mädchen sind bereits in festen Händen und mit ihren Männern hier. Auf dem folgenden steilen breiten Zickzack-Weg nach unten begegnen wir mehrfach den seltenen Exemplaren der von mir neu entdeckten Gattung der Marpha-Yaks. Durch ein helles von der Erosion zerfressenes Steinsandgebirge á la Bryce Canyon hindurch erreichen wir linkerhand die nepalesisch-tibetische Stadt Marpha (2670 m), gelegen im Bezirk Mustang, weithin berühmt durch ihre Apfelplantagen und den Apple Brandy.

Der lebhafte malerische Ort liegt im breiten von grünen Plantagen bepflanzten Kali Gandaki- Tal, überragt von einem rot-weißen tibetisch aussehenden Kloster mit einigen Nebenklöstern an den Bergwänden. Viele der ca. 500 weiß angestrichenen Häuser mit den kunstvoll geschnitzten Fenstern kuscheln sich auf tibetische Art eng aneinander, sind von hohen Mauern umgeben, haben begehbare mit seitlichen geschnitzten Stützarmen versehene Dächer, auf denen sich gewaltige Holzvorräte stapeln und Getreide und Früchte trocknen, allen voran auf Schnüre aufgefädelte Apfelscheiben. Auf den Häuserecken sind vertikale längliche Fähnchen angebracht, die die bösen Geister vom Haus fernhalten. Überall sind Stupas oder tibetisch Chörten zu sehen, das Stadttor ist ebenfalls eine begehbare große Stupa. Alles erinnert mich an Tibet. Durch eine schmale Gasse erreichen wir die steinplattenbelegte Hauptstraße, wo uns schon Hems mit dem Hinweis auf den nahen Zeltplatz erwartet. Im Laden der German Bakery, der Deutschen Bäckerei gibt es Everest-Bier. Die Gesichter der langsam Eintrudelnden strahlen, als wir ihnen die Biere unter die Nase halten. Für die meisten hat die Plackerei ein Ende. Chitwan mit seinen Elefanten und anderen wilden Tieren wartet auf 12 unserer Leute, während Ralf, Uwe und ich den Dhaulagiri Circuit „vorschriftsmäßig“ zu Ende gehen werden, bis sich der Kreis wieder schließt. Nicht zu vergessen unsere in 5000 m Höhe zurückgelassenen Tukuche Peak Besteiger.

Auf den Straßensteinplatten zwischen den Geschäften flanieren die Touristen, die Besitzerinnen der Läden animieren zum Einkaufen diverser tibetischer Kunstgegenstände und Schmucks. Überall in den Regalen steht der selbstgebrannte Appel Brandy. Nur hier ist er so preiswert. Nie war er so wertvoll wie heute....

+ 185/ - 2355 m in 8:15 Std. (3 Std. Pause)
 



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