06. 05. 2013   ...7 Uhr 45 laufen wir los, schräg links das Schneefeld hoch zwischen Wacholderbüschen. Shashanks Prophezeiung scheint wahr zu werden, wenn auch nur ganz kurz, aber es war wirklich die Sonne, die sich sehen lassen hat. Die Sicht auf die gegenüberliegenden Bergketten ist ziemlich schlecht, alles ist in dicke Wolken gehüllt.

Wir kommen langsam über die Baumgrenze hinauf, traversieren den endlosen Schneehang weiterhin schräg links hinauf. Der Schnee ist nicht zu hart und nicht zu weich, wir kommen gut voran. Die Porter, Köche und Shashank sind wieder längst über alle Berge und wir hecheln hinterher, die Spuren sind nicht zu verfehlen. Wir umgehen in großen Bögen riesige Seitentäler, manchmal wird der Weg sehr steil, sodass wir sehr vorsichtig sein müssen. An einer Stelle sind 2 Träger den Schneehang weit nach unten abgerutscht, vielleicht auch mit Absicht, sie stoßen ein Stück weiter wieder zu uns. Manchmal rutschen auch wir mit Absicht auf dem Hosenboden im Schnee nach unten, das ist einfacher, als abzuklettern. Der Himmel klart etwas auf, aber die gegenüberliegenden hohen Berge sind noch wolkenverhangen. Normal ist das ein feinster Panoramaweg, heute ist nicht viel davon zu sehen.

Auf einem Sattel machen wir eine Rast, von hier können wir schon kurz unser Ziel sehen, das wir übermorgen erreichen werden. Jetzt stoßen wir auch auf teilweise schneefreie Stellen. Aber es gibt auch vereiste Steilstellen, an denen mühsam Schritt für Schritt Tritte für die Träger und uns mit dem Eispickel gehackt werden müssen. Unser erstes Ziel ist der Dharwa Top (4150 m), den wir am Fuß seiner Flanke auf 3885 m Höhe umgehen. Über viele Schneefelder, Wiesenstücke und Rhododendrenfelder, durch Zwischentäler hindurch viele Höhenmeter bergab und wieder bergauf erreichen wir schließlich erschöpft den Bakria Khaga Pass, über den der Weg zum Dodi Tal führt.

Aber auch hier wird uns nichts geschenkt. In diesem Tal und seinen Seitentälern sind im vorigen Jahr durch einen Blizzard unvorstellbare Wassermassen niedergegangen, die das Tal komplett ausgespült haben, den See überflutet und weiter unten ein ganzes Dorf weggespült, die Straße und zwei Kraftwerke zerstört und dabei 50 Menschen in den Tod gerissen haben. Der Weg ist anfangs gut zu erkennen und führt im Zick-Zack nach unten, Etwa 200 Meter weiter unten ahnt man bereits und sieht es am tief ausgespülten Bachbett, dass hier eine Katastrophe stattfand. Je tiefer wir kommen, desto schmaler wird die Schlucht, umso mehr müssen wir nach dem Weg suchen, das Tal ist hier vollständig vom Geröll überflutet worden. Es fängt wieder an zu schneien, auch ein leichtes Gewitter zieht über uns hinweg. Wir überqueren ab und zu den dünnen Bach, es gibt kleine Klettereien, einige Steinmännchen lassen uns den Weg besser finden, danke Stephan und andere Vorgänger. Steile abenteuerliche Seitentäler führen immer wieder zu uns herab.

Es dauert lange, bis wir nach vielen Windungen endlich den schimmernden Wasserspiegel des Sees unten erblicken. Wir sind erleichtert. Bald erreichen wir das wilde Stein- und Schotterfeld über dem See, das früher einmal eine grüne Wiese mit schönen Bäumen und Rhododendrenbüschen war. Alles weggespült. Zum Glück stehen die Häuser und Tempel am See noch. Erschöpft, aber glücklich erreichen wir das Seeufer des Dodi Tal (3045 m). Unsere Zelte sind längst aufgebaut. Wir werden schon erwartet und da es regnet, wurden in einer dunklen Steinhütte ein Raum für die Küche “beschlagnahmt“, in einem anderen unser Tisch und Stühle aufgestellt, und wir bekommen heiße Getränke und Gebäck. Zum Abendessen Spaghetti, mit Zwiebeln und Champignons angebratene Dosenwurst, Tomatensauce und geriebenen Käse. Gemischtes Obst als Nachtisch.

+ 845 m / - 1215 m in 8:00 Std. (1:00 Std. Pause)

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