25. 05. 2013   ...Auf einer unbeschreiblich schlechten vom Regen der letzten Tage aufgeweichten Fahrpiste schlingern und hoppeln wir auf der linken Flussseite des Khimti Khola aus Shivalaya hinaus, dabei wird vom Fahrer die Intervallhupe betätigt, was das Zeug hält. Unter dem bedenklich hin und her schwankenden Bus knallt es einige Male, das sind große Steine, die unten vom Fahrgestell touchiert werden. Dabei wird auch die Tür des seitlichen Kofferraums beschädigt. Mit Entsetzen schaue ich direkt in einen 20 m tiefen seitlichen Abgrund.

Nach zehn Minuten Fahrt ist erst einmal Ruhe, die Busbeifahrer steigen aus und klopfen die Tür des Kofferraums zurecht.
Eine halbe Stunde später erreichen wir Dhoban. Es steigen neue Fahrgäste mit Platzkarten zu, darunter sehr gut gekleidete. Die Straße wird besser ab hier, sie wird rekonstruiert, am Rand liegen Steinhäufen und Arbeiterinnen sind dabei, große Steine zu Schotter zu zerklopfen. Eine Minute nach der Abfahrt hält der Bus aus unerfindlichen Gründen wieder an, die Fahrer wechseln, ein junger Heißsporn mit Lederjacke steigt zu und übernimmt das Lenkrad. Mir rutscht das Herz in die Hose. Nach einer Minute erneut Pause. Die Hälfte der Passagiere steigen aus, sitzen dann draußen und unterhalten sich fröhlich. 10 Minuten später steigt der gesetzte ältere Fahrer wieder ein und setzt sich ans Steuer. Zum Glück.

Wir durchfahren kleinere Orte. Nach dem größeren Ort Those (1755 m) ist die Straße gepflastert, wir kommen flussaufwärts gut voran. Wir überfahren den Fluss auf  einer stabilen Stahlbrücke, ein großes Sägewerk ist neben einigen Bretterbuden zu sehen. Dann geht es in Serpentinen steil den Berghang hinauf. Der Motor unseres Busses quält sich die Erdpiste hoch, vor unübersichtlichen Kurven wird gehupt.

Dann fahren wir durch einen dichten Forst. Einige hundert Meter vor Jiri ist die Straße nur noch ein schlammiger Pfuhl, ca. 50 cm tief sinkt der Bus ein und bleibt stecken, die Räder mahlen sich immer tiefer in den Schlamm. Die Beifahrer legen Steine und Äste unter die Antriebsräder, doch es gelingt nicht, den Bus über die Schlammstrecke zu bugsieren. An einem ganz leichten Anstieg bleibt er immer wieder stecken, nimmt neuen Anlauf und versucht es erneut. Vergeblich. Einige Passagiere sind schon nach Jiri vorausgelaufen, dass in ca. 500 m beginnt. Schließlich kommt uns ein Bagger zu Hilfe. An dessen Schaufel und am vorderen Busende wird ein Stahlseil befestigt, damit zieht uns der Bagger über die Schlammstelle hinweg und auf festeren Boden. Alle jubeln.

Mit ca. zwei Stunden Verspätung erreichen wir kurz vor 10 Uhr den Marktort Jiri Bazar (1995 m). Hier beginnt der klassische Everest Trek. Nur kurz ist der Aufenthalt hier, der Bus wird jetzt voll, auch die Stehplätze sind vergeben. Im Gang stehen verschiedene Säcke, Behälter, Kartons, Kanister mit undefinierbaren Flüssigkeiten, eine lebende Ziege, Wir hoffen auf eine bessere Straße Richtung Kathmandu. Eine einspurige Asphaltstraße führt aus Jiri hinaus nach Westen, es geht zügiger voran. Es scheint nun, dass jetzt die Kupplung anfängt, zu rutschen. Kurz nach Namdo und Busti überqueren wir den großen Tamba Koshi River. 13 Uhr fahren wir durch die etwas abseits liegende Bergstadt Charikot (1950 m), es ist jetzt schön heiß und die Sonne brennt auf das glühende Busdach.

9 km und 30 Minuten später machen wir bei einigen kleinen Teehütten eine Pause. Von Jiri bis hierher haben wir für die 65 km 3½ Stunden gebraucht. Der Bus wird leicht aufgebockt, der hintere linke Zwillingsreifen gelöst und dann in einer offenen „Werkstatt“ geflickt auf „nepalesische Art“. Das heißt, im abgefahrenen profillosen Mantel ist ein 20 cm großes abgefahrenes Loch, darunter werden mehrere Lagen zurechtgeschnittener alter Schlauchgummiflicken gestopft, das Loch im Schlauch fachmännisch geflickt, aufgepumpt und alles wieder zusammengebaut. Der Schlauch wird dabei in kürzester Zeit von Hand von der Felge abgezogen, Hammer und Meißel werden dabei kräftig eingesetzt. Der Zusammenbau erfolgt wiederum unter Anwendung kräftiger geschickter Hammerschläge. Nach 20 Minuten ist das „neue“ Rad wieder dran. An der Straße hier steht ein Stein, der einen Lichtblick verheißt: 123 km sind es noch bis Kathmandu und 45 km bis Kadichour, das liegt bereits am breiten Arniko Highway, der die Hauptstadt Nepals mit Kodari und Zhangmu in Tibet verbindet.

15 Uhr machen wir unsere Mittagspause auf einem 2600 m hohen Pass an einer kleinen Imbisskneipe. Der Zwillingsreifen mit dem Loch im Mantel ist schon wieder platt und wird erneut repariert. Wir fahren weiter bergauf, bergab durch endlose Berg- und Tallandschaften zwischen 900 m und 2500 m Höhe. Kurz vor 17 Uhr befinden wir uns auf einer Höhe von 770 m. Die Hitze ist unerträglich.

An einer Brücke in Kadichour (750 m) stoßen wir endlich auf den Arniko Highway, auf dem es gleich viel flotter vorwärts geht. Wir atmen auf. Bis 700 m geht es im Flusshaupttal abwärts, dann am linken Ufer eines Seitenarms allmählich wieder aufwärts. 45 km vor Kathmandu erreichen wir Lamidanda (900 m). Ab hier beginnen langsam die kleinen Ortschaften, die sich im leichten Auf und Ab bis Kathmandu hinziehen. 18 Uhr erreicht unser Bus die 30 km vor Kathmandu liegende Bergstadt Dhulikhel (1550 m). Im Kathmandutal bei Banepa und Bhaktapur sehen wir viele Schornsteine und gewaltige Ziegelhaufen der Ziegel-Brennereien. Eine riesige Shiva-Statue steht in der Nähe des großen Erlebnisbades auf der rechten Seite. 18 Uhr 38 sinkt die Sonne glutrot hinter Kathmandus Berge, wir sind auf der kurzen Autobahn unmittelbar vor unserem Ziel.

Nach 13 Stunden Fahrt erreichen wir Kathmandu, steigen schon vor dem Zentrum an einem Platz aus, wo Taxis in die Innenstadt stehen. Milan schnappt sich seinen verstaubten Rucksack vom Busdach, verhandelt nacheinander mit zwei Fahrern und wir steigen in einen Kleinwagen. Auf der Ringroad fahren wir nach Dhapasi. Vor uns eiert ein Motorradfahrer in Kurven protzend mit seiner jungen Sozia hin und her, wir überholen ihn vorsichtig und hupend, trotzdem knallt er mit seiner Maschine an die Tür unseres Autos. Er kann sich fangen und verschwindet schnell in einer Nebenstraße. Unser Fahrer steigt entnervt aus und begutachtet die zerkratzte Delle an der linken Tür. Aber es hilft nichts, der Verursacher ist verschwunden.

Zum Sonnenuntergang erreichen wir das kleine Sträßchen, dass zu Nirus Haus führt. Dort werden wir herzlich begrüßt. 20 Uhr treffe ich mich mit Niru wieder auf dem Hausdach zum Bier trinken und Tour auswerten. Zum späten Abendfestessen bereiten uns die beiden Hausfrauen Reis mit Rindfleisch aus Kalkutta und Kartoffeln in einer würzigen Soße. Heute schlafe ich wieder im weichen Bett von Milan. Abends und nachts endlose Regengüsse und Gewitter.

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